04.06.

Ich bin wieder zuhause und zurück nach zwei Monaten Wanderung – und dabei mich einzugewöhnen. Fällt mir gar nicht so schwer bei der Versorgung hier. Strom, WLAN im Überfluss – dazu frische Erdbeeren, selbstgemachtes Eis und Nudeln mit Gemüse und Kapern. Ich konnte nur meine 2 Flaschen Champagner beisteuern – aus Crouttes sur Marne. Wer meinen Blog von Anfang an lesen will, startet am besten hier oder nutzt den Kalender zur Navigation.

Wesentlicher Programmpunkt heute war die längst fällige Rasur. Nachdem das sonst niemand übernehmen wollte, habe ich es letztlich selbst gemacht und es ging besser als gedacht.

Das Ergebnis nach 2 Monaten ohne Rasierzeug.

Und das Ergebnis nach der Rasur

Zum Glück ist die Haut unter dem Bart nicht so weiß geblieben wie erwartet. Und ich seh nicht mehr so aus wie der Zauberer vom Weißen Rat.

03.06.

Ich schleiche mich heute morgen ohne Frühstück aus der Wohnung. Meine Gastgeberin schläft noch, es ist schließlich Wochenende.

Das Viertel, in dem ich gewohnt habe

Auch auf der Straße ist nichts los und ich habe reichlich Zeit für meinen Spaziergang zum Bahnhof in Meaux und einen Umweg durch die Markthallen.

Der Bahnhof von Meaux

In knapp 40 Minuten bin ich schon am Gare de l’Est. Ich lasse mich gleich von zwei Leuten vor dem Bahnhof fotografieren, weil ich mit den ersten Fotos noch nicht zufrieden bin.

Das war mein Bahnhofsfoto heute.

Und zur Erinnerung: vor dem Prager Hauptbahnhof vor 2 Monaten und 1 Tag

Ich frage im Laufe des Tages insgesamt noch sechs andere Leute wegen Fotos von mir. Ich bin tatsächlich sehr euphorisch und gehe staunend durch Paris. Ich kenne das ja alles schon von meinem letzten Parisbesuch, aber diesmal ist es anders.

Jürgen vor Notre Dame

Ich muss ja jetzt nicht alle Sehenswürdigkeiten aufzählen, die ich auf meinem Weg zum Eiffelturm mitgenommen habe. Richtig interessant war ja für mich letzterer.

Nach Moldau, Rhein, Saar, Mosel und Marne bin ich jetzt an der Seine.

Meine Ausrüstung ist noch ziemlich vollständig, nur ein Paar Schuhe musste dran glauben. Und meine schwarzen Sachen sind erstaunlich ausgebleicht, der Rucksack hat Macken, mein Waschbeutel lässt sich nicht mehr schließen, nix mehr wie neu.

Jürgen vor der Glaspyramide des Louvre

Paris ist voll mit Touristen und überall sind lange Schlangen von mehreren hundert Leuten: Notre Dame, Louvre, Centre Pompidou. Es gibt eine Rodin-Ausstellung, die ich mir angesehen hätte, wenn ich Zeit hätte.

Jürgen unter dem Eiffelturm

Und dann der Eiffelturm. Hier mussten auch zwei Leute dran glauben, bis ich mit den Fotos zufrieden war. Dafür bin ich ja schließlich gelaufen – oder nicht?

Eigentlich wollte ich mich noch rasieren lassen, aber erst habe ich keinen Friseur auf meinem Weg gefunden. Und der, den ich dann gefragt habe, war den ganzen Tag ausgebucht.

In Cafés habe ich natürlich auch noch viel gesessen, mein Frühstück heute morgen ist ja ausgefallen – und mittags hatte ich dann eine Crêpe mit Eis, Marmelade und gehackten Pistazien, dazu trockenen Cidre. Sehr lecker.

Nachmittags fiel dann schließlich der angekündigte Regen, zum Glück nach meiner Sightseeingtour. Die meisten Leute haben darauf ganz ausgelassen reagiert, wie bei uns, wenn es in der Stadt schneit. Fast keineR hat einen Regenschirm, manche sind deformiert und kaputt. Und die asiatischen Touristen haben lustige Schirme.

Ich krieg hier richtig was geboten. Es gibt noch ein unexpected Festival mit guter Musik und weil ich da noch eine halbe Stunde zuhöre, wird es etwas eng mit meiner Zeitplanung. Ich habe dann auch noch ein kleines Problem bei der Personenkontrolle. Es gibt überall eine höhere Präsenz von Sicherheitskräften – und mein Rucksack stellt da ein größeres Problem dar. Aber nach Gesichtskontrolle werde ich durchgewunken.

Heute morgen 3 km und 17 km in Paris, das war ja noch ein richtiger Wandertag. Ich bin damit insgesamt 1.550 km gelaufen.

02.06.

Die ruhigen Zeiten sind vorbei. Gleich heute morgen musste ich mich beeilen, weil meine Gastgeber auf die Arbeit mussten, spätestens um 8:15 Uhr. Ich musste also schnell machen mit meinem Frühstück. Freundlich aber bestimmt wurde ich vor die Tür gesetzt.

Ein letzter Blick auf das Rathaus von La-Ferté-sous-Jouarre

Diese Hektik hat mich den ganzen Tag begleitet.
Hier ist der Verkehr dichter, schneller, lauter – und die Wanderwege gibt es nicht mehr, oder sie zwingen mich zu weiten Umwegen. Dazu ist mein linker Fuß jetzt auch noch leicht geschwollen und ich muss mit Schmerztabletten dagegen arbeiten. Derselbe Fuß, der schon im Thüringer Wald entzündet war.

Das hier sieht jetzt noch nicht nach viel Verkehr aus, geradezu idyllisch, die Brücke von La-Ferté-sous-Jouarre

Nach den ersten zwei Orten, die ich glücklich umgangen habe, und den Straßen, die ich glücklich überlebt habe, stehe ich mittags wieder vor dem Problem: Straße oder Umweg. Da entscheide ich mich für den Bus (!) und bin in einer halben Stunde am Ziel in Meaux. Hier kann ich was trinken und die Füße in der Marne kühlen. Das hilft auch so weit, dass ich danach noch die Stadt erkunden kann.

Füße kühlen mit Blick auf die Kathedrale und den Yachthafen

Die Kathedrale Saint Etienne aus dem frühen 13. Jahrhundert, später deutlich erweitert.

Aber sobald ich irgendwo sitze, falle ich in Sekundenschlaf. Ich bin wohl etwas erschöpft und habe gestern zu wenig Schlaf bekommen.

Und ich sitze oft, denn ich habe durch die Busfahrt Zeit gewonnen, und jetzt muss ich den Tag morgen in Paris planen. Ich will von hier zum Gare de l’Est und mir mit dem Zug die 45 km durch die Banlieus ersparen. Ich bin jetzt auf Abschluss gepolt. Sonst müsste ich ja erst einmal meinen Fuß schonen.

Heute bin ich dann insgesamt auch nur 14 km gelaufen und wohne heute Abend in der Vorstadt.

Ich wohne in den Blocks weiter rechts.

Die Wohnung ist winzig und ich schlafe im Wohnzimmer/Esszimmer/Küche. Das wird bestimmt schwierig, denn Leïla hat schon gesagt, sie ist nicht vor Mitternacht im Bett und schläft morgen aus.

01.06.

Heute Morgen der Blick aus meinem Fenster war einfach fantastisch.

Ich wollte mir morgens noch das Magazin ansehen, das meine Gastgeberin herausgibt, ein Magazin für Frauenmode. Erst war sie irritiert – dann ich, weil sie sagte, das ginge nicht, das wäre doch in Reims. Dann ist bei mir der Groschen gefallen: Magasin = Laden in Reims. Magazine = Magazin.

Mir ist jetzt auch klar geworden, warum ich den Hof gestern nicht gefunden habe.

Der Hof ist ganz oben auf der Höhe.

Über den sieben Bergen bei den sieben Zwergen – und von der Marneseite aus, aus der ich kam, überhaupt nicht zu sehen.

Und von der anderen Seite ist er auch erst zu sehen, wenn man schon fast dort ist.

Und die Tiere sind alle glücklich dort, die Schafe und Ziegen grasten im Weizenfeld hinterm Haus. Ich hatte da Bedenken, aber die dürfen das, sagt Adeline.

Da ich ja jetzt schon mal in den Bergen war, habe ich meinen Weg dort fortgesetzt. Und bin alle 500 m an kleinen Steinkuppeln vorbeigekommen.

Der Zweck war nicht erkennbar, die Teile ließen sich nicht öffnen, und ich habe erst an oberirdische Teile von Bunkeranlagen gedacht.

Auch durch ihre Lage an solchen langen Schneisen konnte ich mir ihren Zweck nicht erklären.

Erst dieses größere Objekt schaffte Klarheit.

Es sind die oberirdischen Teile einer großen Wasserleitung (Aquädukt) und dadurch habe ich auch verstanden, was es mit den seltsamen Brücken auf sich hat, die Flüsse überqueren, über die man aber nicht gehen kann, weil oben eines dieser Häuschen sitzt.

Durch die Brücke hindurch führt die Wasserleitung.

Ich bin letztlich wieder an die Marne zurückgekehrt. Mein linker Fuß fängt wieder an zu schmerzen, unter dem rechten haben sich dicke Schwielen gebildet, so dass ich jetzt eigentlich eine Schuhgröße mehr bräuchte. Da sind die Bergtouren ziemlich unangenehm.

Immerhin hatte ich jetzt mal einen Bluck von weiter oben auf das Marnetal.

Und ich habe immer noch nicht darin gebadet, auch heute nur die Füße gekühlt. Es ist sonst einfach niemand drin.

Die Dörfer sind jetzt etwas belebter, ich finde eine Post, es gibt Schülerlotsenunterricht für Grundschüler, es gibt eine Kneipe an der Marnebrücke und überall Bahnhöfe mit direkter Verbindung nach Paris.

Und schöne Kirchen. Hier Saint Martin in Charly-sur-Marne aus dem 13. Jahrhundert.

Jugendstilvilla

Ich habe heute die 1.500 km voll gemacht mit den 33 km, die ich gelaufen bin. Und meine Füße signalisieren, dass es reicht. Sie nehmen jeden unnötigen Umweg übel. Bei den Schuhen lösen sich auch schon Teile der Sohle. Immerhin erstaunlich, dass sie so lange durchgehalten haben.

Zum Schluss noch ein paar Tierfotos.

Exemplarisch für alle Tiere, die mir im Laufe des Wegs ständig begegnen.

Mein Ziel heute war La-Ferte-sous-Jouarre; nicht besonders groß, aber ziemlich hektisch. Diesen Lärm und Verkehr bin ich überhaupt nicht mehr gewohnt, und das Wandern auf Landstraßen ist inzwischen so gefährlich, dass ich teilweise weite Umwege machen muss.

Mein Ziel heute ist wieder eine Airbnb-Unterkunft mit zwei sehr gebildeten und ökologisch bewussten Menschen – und ich komme in den Genuss einer Kompost-Toilette. Funktioniert so ähnlich wie ein Katzenklo.

31.05.

Die Zeichen stehen auf Abschied und ich plane die letzten Tage. Ich musste meine Route noch einmal ändern, denn sonst wäre ich direkt an Disneyland vorbeigelaufen. Der Vorteil, es gibt hier viele auch günstige Unterkünfte zur Auswahl. Aber viele Quartiere brauche ich nicht mehr, denn ich will Pfingsten zuhause sein. Da muss ich die letzten zwei Tage etwas schummeln und den Zug nehmen. So erspare ich mir die Banlieus und die langen Strecken durch die Stadt.

Heute hatte mir meine App auch viele Wege über Landstraßen vorgeschlagen, aber letztlich bin ich fast 6 Stunden nur an der Marne entlang gelaufen. Nicht sehr abwechslungsreich, aber gut für die Füße und gut gegen Sonnenbrand, weil ich viel Schatten hatte.

Es war heute auch nicht so extrem heiß, und dank meines Einkaufs heute morgen im Supermarche gab es mittags Erdbeeren und Rosinenschnecken – dazu Wasser.

Der Weg zog sich etwas und die Landschaft veränderte sich kaum. Später an der Schleuse hab ich dann sogar spontan etwas geschlafen. Ist vorher noch nie passiert.

Die Marne fließt ohne großes Gefälle durch ein flaches Tal mit Hügelketten auf beiden Seiten.

Nachmittags habe ich dann Chateau-Thierry erreicht. Ich hatte was ganz anderes erwartet, eher französische touristische Kleinstadt, aber das war dann schon der Großstadtschock!

Die Durchgangsstraße durch Chateau-Thierry

Ich hab mich nicht lange aufgehalten. Meine Programmpunkte waren: Orangina mit Eis im Café, erfolglose Suche nach einer Post wegen Briefmarken, Spaziergang durchs Zentrum, Einkauf fürs Abendessen, ein großes Häagen Dazs Eiscreme auf einer Bank mit Aussicht auf ein Kriegerdenkmal.

Das Rathaus

Dann kam der zweite Teil der Odyssee, die Suche nach dem Bauernhof, in dem ich ein Zimmer gebucht hatte. Es war schon ein schlechtes Zeichen, dass mir meine zwei GPS-Programme unterschiedliche Ziele anzeigten. Es ging hoch auf die Bergrücken, die gar nicht so hügelig waren – und dann bin ich noch fast zwei Stunden durch die Landschaft geirrt, hab mich im Wald verlaufen, hab drei Leute gefragt, die den Bauernhof alle nicht kannten, hab schließlich einen Typ im Auto gefunden, der sich an der Suche beteiligt und mich durch die Gegend gefahren hat. Ich hab dabei versucht, die Gastgeberin anzuschreiben, aber bei dem Fahrstil – unmöglich.

Wir haben aber schließlich doch noch unser Ziel erreicht, ein alter Hof am Ende der Welt, völlig isoliert oben auf dem Berg.

Außen sieht es nach ziemlich viel Arbeit aus, innen ist er tipptopp.

Dafür habe ich dann hier einen fantastischen Sonnenuntergang über der Marne erleben dürfen, und eine nette Gastgeberin mit 3 Monate alten Baby, die mich auch noch in der Wildnis abgeholt hätte, wenn es nötig gewesen wäre. Und zum Sonnenuntergang noch eigenen französischen Rotwein aus der Champagne, obwohl es da wohl Abgrenzungsprobleme gibt – weil hier wohl nicht mehr Champagne ist.

Und jetzt auch noch zwei Dosen Bier nach 38 km Weg, der Kühlschrank war vorsorglich schon angestellt. Heineken -falls es jemand interessiert. Geht zur Not auch noch nach Rotwein.

30.05.

Lässige 17 Grad, bedeckter Himmel, leichter Regen, der auf der Haut sofort wieder trocknet: ideales Wanderwetter. Aber mein Bad in der Marne muss ich wohl um einen Tag verschieben. Dafür ist es zu kühl.

Die Marne kurz vor dem Regen

Ich komme gut voran, meine erste Pause mache ich in Damery. Zum ersten Mal gibt es hier eine Snack Bar an der Marne – und sie ist geöffnet.

Die einzige Bar am Fluss, die ich seit 4 Tagen gesehen habe.

Allerdings in einer neuen Variante: alles ist offen, aber es ist niemand da. Erst nach einer halben Stunde taucht eine Bedienung auf, eine ältere Frau im Rollstuhl. Da staune ich nicht schlecht.

Ich trinke einen Kaffee mit viel Milch, dazu so etwas wie einen Windbeutel mit Creme und warte den nächsten großen Regenguss im Pavillon draußen ab. Es gibt Champagner – auch auf Klappstühlen auf der Terrasse. Und jedes Weingut hier hat offensichtlich Champagner. Wäre ja auch verrückt, wenn sie diese Marketing-Chance nicht nutzen würden.

Über diese Brücke muss zum Glück keiner mehr rüber.

Das Wetter bleibt bis nachmittags unbeständig, aber richtig nass werde ich nicht. Zwischendurch ist der Weg am Fluss gesperrt und es gibt keine Umleitung. Ich suche mir eine halbe Stunde lang Alternativen, teilweise auch auf der Landstraße. Aber dann laufe ich ein Stück weiter unten doch die gesperrte Strecke, sehr zur Belustigung der Fahrer der Baufahrzeuge. Aber lieber verboten als gefährlich auf der Landstraße.

Die Gerste sieht hier ganz anders aus als bei uns.

Nachmittags kommt dann wieder die Sonne raus, und die Landschaft sieht hier teilweise so aus wie an der Weinstraße.

Nur die Kirchen sind immer noch komplett anders.

Heute Abend habe ich eine Unterkunft über Airbnb bei einer Deutschen, die hier eingeheiratet hat, so dass ich mal wieder Deutsch reden konnte. Sie meinte, von hier geht auch ein Zug direkt zum Gare de l’Est in Paris. Heute waren es 32 km und morgen werden es ähnlich viele bis zu einem Bauernhof im Wald. Hoffentlich finde ich den.

29.05.

Ich hab meine Reiseplanung aktualisiert und festgestellt, das wird meine letzte Woche. Ich freue mich aufs Heimkommen.

Heute morgen gab es Fastfood-Frühstück mit einer Horde Holländer auf alten Vespas. Was ne Bande. Null Esskultur.

Das Hotel F1 liegt direkt an der Autobahn, die sie jetzt wohl wieder unsicher machen wollen. Nähmaschinen mit zwei Rädern.

Ich war früh auf den Beinen, weil ich eine lange Strecke vor mir habe, 10 Stunden Marsch, und das Tourismusbüro macht um 19 Uhr zu. Daher hab ich nicht auf den Intermarché gewartet, der erst um 9 Uhr aufmacht. Da wollte ich lieber wieder los.

Nur Allergiker werden gleich erkennen, was mich heute erwartete: Pollen in dicken Flocken in der Luft und auf dem Boden.

Aber meine Nase ist anscheinend durch die viele Natur gestählt, jedenfalls habe ich nicht auf den Reiz reagiert.

Ich bin heute schlecht vorbereitet und wollte eigentlich Karten, Kekse und Kroissants kaufen. Meine Landkarten sind hier zu Ende und ich muss jetzt nur noch mit den Karten der App klarkommen. Aber für den Weg am Kanal entlang brauche ich überhaupt keine Karte.

Zwischendurch hatte ich mal ideale Bedingungen, Bäume wie eine Allee, Schatten und keinen Asphalt.

Aber oft bin ich in der Sonne gelaufen und bin völlig ausgetrocknet. Das erste Dorf, die Bäckerei hat geschlossen. Das zweite Dorf, es gibt eine Bar oben am Platz – aber ich stelle fest: ebenfalls geschlossen. Das dritte Dorf, der nächste Umweg, aber hier gibt es eine Bar und viel Cola und Orangina mit Eis!

Das baut auf und ich laufe gestärkt weiter. Die nächste Pause mache ich am Kanal. Erst die Arme ins Wasser, dann den Kopf, dann die Füße – und zum Schluss noch das Shirt ins Wasser und nass angezogen. Und den toten Hasen weiter unten im Kanal hab ich zum Glück erst später gesehen.

Heute haben mich über Kilometer diese Margueriten begleitet, in rauhen Mengen. Und Schmetterlinge, die ich bin Deutschland gar nicht kenne, und Eidechsen und Libellen in Mengen. Und der Holunder blüht und erste gelbe Kirschen hängen an den Bäumen!

Ich bin ja in der Champagne, aber es dauert lange bis ich den ersten Weinberg sehe.

Später wurden es dann mehr und es sah aus wie in Rheinhessen.

Mich hätte ja heute ein Bad in der Marne gereizt, aber jetzt muss ich Zeit sparen und auf solche Extras verzichten. Der Weg zieht sich, und meine Füße melden sich schmerzhaft, die nächste Blase erwartet mich wohl heute Abend.

Es sind auch wieder lange 36 km bis ich Epernay bin. Die Stadt ist echt die Champagnerstadt, Sitz von Moët&Chandon und anderer Marken. Und in den Cafés auf der Straße wird echt Champagner getrunken. Aber sonst die Stadt laut und ziemlich verbaut. Großes Bahngelände in der Stadt, Unterführungen, Neubausünden und die Protzbauten der Champagnermarken, die wohl zum Weltkulturerbe gehören, wenn mein Französisch mich nicht täuscht.

Es gibt einige schöne Ausnahmen wie diese Jugendstilvilla.

Und diesen seltsamen Turm. Markenzeichen einer anderen Sektmarke.

Das Tourismusbüro hat mir auch weiterhelfen können und mir Airbnb für den Rest der Strecke empfohlen. Und da bin ich jetzt Mitglied und habe eine günstige Übernachtung für morgen gefunden. Ach – und große Wäsche musste ich machen; mein Zeug war echt durchgeschwitzt und dreckig.

Mein Weg von Chalons-en-Champagne nach Epernay – heute mal wieder vollständig und ohne Unterbrechungen.

28.05.

Ich starte in La Chaussée-sur-Marne wieder am Kanal entlang. Beide Füße machen wieder mit, und heute habe ich auch keinen Marathon vor. Die Szenerie am Kanal wechselt kaum, mal bin ich in der Sonne, mal im Schatten. Es geht gut voran.

Einmal ist die Marne so nah, dass ich ans Flussufer wechsle und meine Füße kühle. Zum Schwimmen ist es nicht tief genug. Aber Arme und Kopf tauche ich auch ins Wasser. Es ist extrem heiß heute, über 30 Grad.

Ich bitte jemanden, ein Foto von mir zu machen. Und es stellt sich heraus, dass er für nächstes Jahr plant, hier ein Gästehaus zu eröffnen. Ich sage ihm, dass ich das gut hätte gebrauchen können.

Hier haben sich alle Angler offensichtlich verabredet. Und was der Bus soll?

Außer den Anglern treffe ich jetzt immer mehr auf Leute, die ihr Fitnessprogramm durchziehen, Radler, Walker, Nordic Walker. Ich nähere mich der Stadt.

Wenn das die Pflanze ist, die die Verbrennungen auf der Haut verursacht – davon gibt es hier jede Menge.

In Chalons-en-Champagne wird gerade abgebaut, gestern war ein großer Tanzevent mit Schülergruppen. Den habe ich verpasst und auch das Lichterspektakel in der Woche vorher. Und das Straßentheaterfestival ist erst ab übernächste Woche. Aber auch so gibt es bei einer Tour durch die Stadt genug zu sehen.

Die Kathedrale Saint Etienne von Süden

Die Kathedrale von Norden

Die Kathedrale von innen

Eine besonders spektakuläre Innenansicht

Notre-Dame-en-Vaux mit Kloster

Ich war schon mittags in der Stadt, bin dann erst in mein Hotel an der Autobahn zum Einchecken. Ein Standard wie in der Jugendherberge. Duschen und Toiletten auf dem Flur. Für mich reicht es, aber eine Empfehlung ist das F1 auf jeden Fall nicht. Mein Mittagessen war entsprechend: Camembert und Baguette von vorgestern und Wasser aus der Leitung.

Dann hatte ich noch reichlich Zeit für einen Besuch im Tourismusbüro, die nächsten Stationen checken, und für eine Tour durch die Stadt.

Sogar einen Flohmarkt konnte ich mir noch ansehen. Da gibt es Sachen zu kaufen! Viel Jugendstil und alte Möbel. Aber ich kann ja nichts mitnehmen.

Zum Abendessen hatte ich dann Salat und einen Rosé von der Ardeche. Es ist schön, bequem auf einem Stuhl mit Rückenlehne zu sitzen und bei diesem Wetter guten Wein zu genießen.

23 km war die Etappe heute und das Quartier für morgen ist gebucht. Ich hab WLAN und Strom. Die Grundbedürfnisse sind also befriedigt.

27.05.

Es klappt immer besser mit der Übernachtung im Zelt, und das trockene Wetter sorgt dafür, dass ich heute morgen alles trocken einpacken konnte. Kein Frühstück, aber ich freue mich schon auf die 6 km nach Vitry-le-François, weil der Weg vom Campingplatz aus direkt an den Kanal geht, am Kanal entlang und von da über eine Brücke in die Stadt.

Direkt am Kanal, aber nicht klar, was das mal war.

Das Tourismusbüro macht erst um 10 Uhr auf, so dass noch Zeit für ein erstes Frühstück bleibt. Ich liebe diese Pain aux chocolate, und dazu schwarzen Tee!

Endlich die richtige Atmosphäre für einen Frankreich-Urlaub.

Auf einmal scheint alles ganz easy. Die Frau im Tourismusbüro ist sehr kompetent, versteht sofort meine Probleme mit der Quartiersuche: das verlängerte Wochenende, und gibt mir eine Liste mit möglichen Unterkünften. Es gibt auch jede Menge Cafés für meine Akku-Sorgen. Und bald bin ich mit neuer Energie geladen.

Das Quartier, das ich per Telefon finde, ist leider auch voll – aber immerhin gibt es  da Platz für mein Zelt, Dusche und Toilette. Ich sage zu und kann mir also ganz in Ruhe die Stadt ansehen.

Notre-Dam in Vitry-le-François

Ein Brunnen zur Abkühlung für müde Wanderer

Porte du Pont von 1748 zu Ehren des Sonnenkönigs Ludwig XIV.

Liegt alles auf dem Weg zum Intermarché, wo ich mich fürs zweite Frühstück eindecke. Jetzt passt wirklich nichts mehr in meinen Rucksack. Aber ich hab ja die Hoffnung, dass ich bald das Gewicht in meinen Magen umschichte.

Und es geht weiter am Kanal entlang. Es ist heiß, aber diesmal bin ich auf der Schattenseite, und die Nähe des Wassers macht die Hitze erträglich.

Mein zweites Frühstück. Das unappetitliche Teil links ist eine Croissant mit Schinken von der Bäckerei.

Es stellt sich auch heraus, dass die Transportverpackung für meine Stöcke sich ideal für Baguettes eignet. Und ich habe natürlich jede Menge Wasser dabei.

Diesmal der Marne-Rhein Kanal

Die Optik bleibt den ganzen Tag gleich, einmal ist der Kanal nah und sauber genug, um Arme und Kopf einzutauchen um das Heißlaufen zu verhindern. Meist ist die Oberfläche am Ufer aber mit Algen bedeckt. Ich sehe wieder viel Natur, Fische, Reiher und auch zweimal Biber.

Zwei, drei Boote und Yachten kommen mir entgegen, und das ist das einzige, das tatsächlich ein großes Teil transportiert.

Nach 25 km ist Schluss und mein linkes Fußgelenk fängt an wehzutun. Ich brauche eine Pause, es warten noch 10 km auf mich. Dank guter Vorbereitung durch das Tourismusbüro weiß ich, dass es im nächsten Ort am Kanal zwei Hotels gibt, also vermutlich auch eine Bar. Ich gehe verlassene heiß glühende Straßen entlang, ohne Erfolg, und kehre schon um zum Kanal. Dort treffe ich doch noch ein junges Pärchen, dem es sichtlich Spaß macht, mir zu helfen.

Es gibt eine Bar und für mich einen Liter Wasser und eine Cola. Es gibt auch Zimmer – und tatsächlich ist eines noch frei. Und kostet heute Abend Last Minute nur 40 statt 65 Euro. Da sage ich natürlich meiner anderen Unterkunft ab und schlage zu. Es gibt also heute Abend mal wieder ein kühles Bier. Zwei!

Außerdem ein leckeres improvisiertes Abendessen mit Huhn und Gemüse.

Und da ich in der Champagne bin, muss ich unbedingt noch einen leichten Weißwein probieren – dazu drei Sorten Käse. Leute, meine Kritik an Frankreich war völlig übertrieben. Ich sitze allein auf der Terrasse, es wird langsam erträglich kühl, ich habe Strom und WLAN, und ich liebe diesen Himmel.