21.05.

Mein Landhaus in Novéant-sur-Moselle

Zum Frühstück gab es diesmal Crêpes und ansonsten war es französisch spartanisch. Es gab Mirabellenmarmelade, nachdem ich gestern Mirabellenschnaps hatte. Hier ist das Hauptanbaugebiet. Ich hatte Gesellschaft, drei Leute, drei Generationen, und musste auf Französisch Konversation machen. Die haben mich ganz schön gefordert. Aber es ging.

Dann gab es wieder das übliche Problem mit den nicht markierten Wegen und Jürgen auf Irrwegen durch die Provinz. Diesmal war ich verloren im Wald von Villecey-sur-Mad. Nur Wege, die auf meinem Handy gar nicht existierten. Und so bin ich eine Stunde lang einem Weg gefolgt, der mich ins Tal führte und von dem ich nicht wusste, endet der vielleicht irgendwann in einem Steinbruch oder im Nirgendwo. Ich bin aber wieder rausgekommen aus dem Wald, hat mich nur viel Zeit gekostet.

Und ich muss andauernd Dorfansichten fotografieren, um mich zu vergewissern, dass ich wirklich in Frankreich bin.
Und Kirchen, jedes Dorf hat eine und ein Waschhaus.

Heiß war es heute und trotzdem toll in der Sonne zu laufen. Endlich! Mittags hab ich endlich eine Bar gefunden und erst eine Dose Cola und dann noch eine Dose Orangina runtergestürzt.

Oben an der Kirche gab’s eine Bar.

Viel schöne Wanderwege heute, aber nachmittags eine Stunde Landstraße und abends eine Stunde am See entlang. Es wurde heute nämlich spät und ich kam erst gegen 1/2 8 an.

Lac de Madine

Ich hatte mich per Telefon auf dem Campingplatz Nonsard angekündigt, aber der existiert nicht mehr – er ist jetzt ein paar km weiter den See entlang. Für Autofahrer und Radfahrer kein Problem …

Ich hab dann auch noch ein Bier und was zu essen bekommen, wenn man ein halbes Baguette gefüllt mit Frikadelle, Salat und Pommes dann essen kann. Da ist Kebap Luxus dagegen.
Und dann Zelt aufbauen, duschen, schlafen – nach 40 km!

20.05.

Ein Abschiedsbild von Metz und der Mosel

Es ist gar nicht so einfach, den Weg aus der Stadt herauszufinden, denn es gibt jetzt mehrere Wege GR 5 mit immer der gleichen rot-weißen Markierung. Und natürlich geht das schief, ich nehme den falschen Abzweig und mache einen Umweg von mindestens einer Stunde. Ich laufe ja sowieso den ganzen Tag, aber über Umwege ärgere ich mich schon etwas.

Aber so sehe ich ganz viel von den Vororten von Metz, den alten Dörfern und den Nobelvierteln. Und werde mal wieder nach dem Weg gefragt.

Das ist Lessy.
(Re)Konstruktion eines römischen Viadukts

Eigentlich war für heute als Ziel Gorze geplant, aber selbst das zu teure Gästehaus hat nichts frei. Aber sie kümmern sich um Alternativen und ich laufe in der schönen Gewissheit, dass ich irgendwann eine SMS mit der Lösung meines Übernachtungsproblems bekomme.

Die Bergrücken links und rechts der Mosel

Leider ist ganz Gorze tatsächlich ausgebucht, aber die netten Gastgeber packen mich in ihr Auto und bringen mich nach 27 km Wanderung in den nächsten Ort Novéant-sur-Moselle, der nur wenig abseits meiner Strecke liegt.

Ich wohne absolut luxuriös, mit Abstrichen was das Bett angeht.

Und so muss ich mich doch noch nicht von der Mosel verabschieden und beschließe den Tag mit der Abendstimmung hier.

Und für die gesamte nächste Woche ist Sonnenschein versprochen. Das würde mir auch den Rest der Reise versüßen.

19.05.

Heute hat es den ganzen Tag geregnet – und das richtig. Super für die Landwirtschaft, für mich eher naja. Dabei hab ich den Eindruck, hier wächst alles schon wie verrückt: Gestern hab ich Löwenzahn gesehen, dessen Blüten (oder eher Samenstände) gingen mir bis zur Hüfte und die Blätter waren so lang wie mein Unterarm mit ausgestreckter Hand. Hab leider vergessen ein Foto zu machen.

Jetzt wird der Jakobsweg ganz zünftig ausgeschildert.

So laufe ich durch den Regen – mit meinem Cape vor mir wie die Schürze vom Sterntalermädchen. Und leere ab und zu das angesammelte Wasser aus. Aber es gibt ja klein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung. Leider passten der Neoprenanzug und die Gummistiefel nicht mehr in den Rucksack.

Das war das Ergebnis.

Heute hätte ich mich über ein wenig Asphalt gefreut, aber es ging vor allem durch Feld, Wald, Wiese, Matsch. Aber was soll ich machen? Also singe ich „I’m singing in the rain“ und anderes. Jedenfalls ohne schlechte Laune.

Kapelle aus dem 11. Jahrhundert

Und meine Pilger sind weit und breit nicht zu sehen. Warum machen die das? Warum mache ich das? Ein Lebensabschnitt ist mit der Rente zu Ende gegangen und dann hat das wohl was mit Selbstvergewisserung zu tun. Wer bin ich, was macht mich aus. Auch in solchen Situationen wie heute, in denen ich es hinnehme ein kleiner Teil der Natur zu sein. Und ehe ich nicht die alten Träume realisiert habe, ist kein Platz für neue.

Oh wie „schön“, endlich ist Metz in Sicht.

Bis Metz sind schließlich auch die Schuhe innen nass. Aber sonst ist alles trocken unter dem Cape.

Endlich zeigt sich die Mosel auch mal von ihrer schönen Seite.
Das Ufer der Mosel in der Stadt

Ich bin mittags in Metz, ein netter Hausmeister lässt mich Rucksack und Cape abladen, obwohl die Jugendherberge erst um 17 Uhr aufmacht. Draußen ein Schild „komplett belegt“. Hoffentlich hat diesmal meine online-Reservierung geklappt.

Ich nutze die Zeit für einen Ausflug zum Centre Pompidou – mit dem Bus! Das Museum ist sehr beeindruckend, aber die Hauptattraktion, eine Ausstellung mit Bildern von Fernand Leger, eröffnet erst morgen.

Das Museum von außen
Und von innen

Passenderweise gibt es aktuell Ausstellungen zum Thema Natur:
Jardin infini.

Impressionen wie ich sie im Wald auch schon hatte
Ich sehe Bilder von Odile Redon, André Masson, Max Ernst und viele überraschende Objekte, wie diese Basaltsteine.
Außerdem fantastische Fotografien und Mehrfachbelichtungen von Peter Fischli und David Weiss

Natürlich besuche ich auch noch die Kathedrale und fotografiere sie bei Regen und später am Abend auch bei Sonne und beschließe den Abend mit leckerem Auflauf mit Ziegenkäse und einer halben Flasche Bordeaux.

Die Kathedrale von Metz, das Portal

Und die Reservierung hat geklappt und ich komme billig und recht primitiv hier unter. Ich dusche kalt, weil es ewig dauert, bis warmes Wasser kommt, und wasche meine Hose ohne Waschmittel unter fließendem Wasser aus, weil es keinen Stopfen gibt.

Morgen wird es wieder schwierig mit dem Schlafen, weil es in dem Naturpark, den ich quere, kaum Orte und erst recht keine Unterkünfte gibt.

18.05.

Meine beiden Pilger sind heute morgen eine halbe Stunde früher los, in der festen Überzeugung, dass ich sie einhole. Monique hilft mir noch bei der Suche nach der nächsten Unterkunft, ruft bei einem Logis in Vigy an und macht meine Reservierung klar. Alles ganz easy. Sie hofft für heute auf Regen und es sieht fast danach aus.

Viel Landwirtschaft, die den Regen gut vertragen könnte.

Der Weg ist hier gut markiert, trotzdem verliere ich den Weg irgendwann und finde dafür dieses restaurierte Waschhaus.

Später im Wald stoße ich dann auf Überreste der französischen Verteidigung gegen Deutschland vom 2. Weltkrieg.

Eine komplette Bunkeranlage.

Auch bei Monique bin ich noch auf Geschichte gestoßen: 5 Bände Geschichte der Gestapo auf Französisch, drei verschiedene Ausgaben von Mein Kampf auf Deutsch, und jede Menge anderer historischer Werke. Alles in den Regalen in meinem Zimmer.

Gegen Mittag nach einer Pause in einer Bar mit großem Milchkaffee (ich trinke doch sonst nur Latte Macchiato) hole ich dann tatsächlich noch meine Pilger ein: Birgit und Heinz von der Ahrquelle.

Chapelle de Rabas

Wir laufen dann den Rest des Weges zusammen und erzählen uns unsere halbe Lebens- und Familiengeschichte. Unser Tempo passt ganz gut zusammen, heute muss ich mich ja auch nicht unbedingt beeilen, und wir verstehen uns auf Anhieb ganz gut.

Birgit und Heinz, die schon länger auf dem Jakobsweg wandern und jetzt eine längere Etappe am Stück.

Auch heute hatte ich wieder viel Landstraße, aber das letzte Stück geht durch den Wald und durch große Strecken mit Bärlauch.

Hier blüht der Bärlauch bereits.
Es ist alles saftig grün, aber Regen haben wir so gut wie keinen.

Mein Quartier heute heißt Adeppa, sehr ähnlich unserer Jugendherberge, aber wohl eher ein privates Projekt. So ganz reicht mein Französisch nicht dafür. Aber ich habe Bett, Dusche, Abendessen und Frühstück. Alles tres bien.

27 km von Saint Marguerite bis Vigy, rechts der Mosel.

17.05.

Der Saar-Hunsrück-Steig wäre heute sicher die schönere Alternative gewesen, aber ich hab mich mit meiner App für den direkten Weg entschieden und das bedeutete mehr oder weniger den ganzen Tag Asphalt. Das spüre ich dann abends in den Knochen.

Ein kurzes Tauchbad für Kopf und Arme, denn es wird richtig heiß heute.

Aber so war ich mittags schon in Perl an der Mosel und der Grenze zu Luxemburg. Und erst da hatte ich in einer Pizzeria wieder WLAN und konnte die weitere Tour planen.

Ab hier geht’s nur noch nach Santiago de Compostela.

Wie üblich habe ich für die Mehrzahl der Orte auf meiner Strecke keine Unterkunft gefunden, aber in Saint Marguerite, einem winzigen Dorf bin ich dann fündig geworden. Zum Glück ist Monique, die Vermieterin am Telefon gleich ins Deutsche gewechselt – so blieben mir größere sprachliche Katastrophen erspart. Ob es mir etwas ausmacht, das Bad mit anderen Pilgern zu teilen? Natürlich nicht! Ich bin jetzt auf dem direkten Weg nach Santiago de Compostela.

Die Hauptstraße in Perl

Perl ist eigentlich nur ein Dorf, aber wegen der günstigen Preise kommen Franzosen, Luxemburger und Belgier hierher zum Einkaufen. Der Ort hat zwei Rewe, zwei dm, einen Lidl (wird hier ausgesprochen wie Diddle) und den größten Aldi, den ich je gesehen habe. Und im Rewe habe ich dann endlich mal einen anderen Langstreckenwanderer getroffen, der auf dem Weg nach Spanien war. Mal sehn, ob wir uns unterwegs noch mal sehen.

Dann endlich die ersten Schilder auf Französisch und ein flüchtiger Blick auf die Mosel, aber nirgendwo eine Grenze erkennbar, der Grenzübertritt völlig unspektakulär. Wenn ich da an früher denke …

Die Mosel war meist hinter Industrie und Eisenbahngleisen versteckt. Hier ein kurzer Durchblick.

Es ging noch einmal hoch auf die Moselhöhen und nach 34 km war dann endlich ein Ende in Sicht – und ich hatte mir wieder eine Blase gelaufen, die dritte.

Hier ändert sich allmählich der Charakter der Dörfer: Montenach.

Vorher hab ich noch bei einem Forsthaus Wasser getankt und erfahren, dass wir heute bis zu 30 Grad hatten.

Gîte de France

Die Unterkunft ist einfach, eine Gite de France, aber Monique hat uns zum Abendessen eine leckere Quiche Lorraine gemacht, mit verschiedenen Salaten und dazu gab es Bier und Wein aus Luxemburg.

Außer mir sind noch zwei Pilger hier, ein Paar aus der Eifel, die den Jakobsweg in Etappen laufen. Die nächsten zwei Tage haben wir den selben Weg und übernachten morgen in derselben Stadt (Vigy), aber vermutlich in verschiedenen Unterkünften.

16.05.

Sonne, Sonne, Sonne. Was für ein Tag. Urlaubsstimmung. Und der Himmel das reinste Blau. Da laufen die Füße fast von alleine. Und der Saar-Hunsrück-Steig, den ich heute gelaufen bin, ist wirklich ein Premium-Wanderweg. Viele Wege durch den Wald, keine Autobahnen!

Ein echter Steig über sumpfiges Gelände

Diesmal hatte ich unerwartete Begleitung, eine Wanderin in meinem Alter, die diesen Steig alleine läuft – mit gebuchten Quartieren und transportiertem Gepäck. Ca. 2 Std. sind wir zusammen gelaufen, aber ihren Namen hab ich nicht erfahren.

Sie ist schon so jeden Weg zwischen Riesengebirge und Schwarzwald gelaufen und ist Wegmarkiererin im Teutoburger Wald (!), wo meine Brüder und ich die letzten beiden Jahre gewandert sind. Aber irgendwann war dann auch gut, und sie hat sich für Ihre Mittagspause abgesetzt.

Fußgängerzone Mettlach

Ich habe dafür in Mettlach Pause gemacht, zünftig mit einem Eisbecher. Heute morgen gab es Frühstück in der Bäckerei, man sprach Eifelkölsch, wobei sich der Junior vom Gasthof entschieden dagegen gewehrt hat, dass der Ort zur Eifel gehört. Und beim Eis am Nachbartisch mehrsprachig Saarländisch und vermutlich Luxemburgisch, denn so eine Mischung hab ich noch nicht gehört.

Der Palazzo von Villeroy&Boch

Mettlach ist Villeroy&Boch, so wie Rüsselsheim Opel ist. Für mich ist Villeroy&Boch ja eher Sanitärporzellan. Und wenn dann angekündigt wird: Erlebniszentrum und Outlet-Center – komm ich ja schon schwer ins Grübeln. Aber die haben tatsächlich auch anderes Porzellan.

Nach so einem Eis sind dann Eineinhalb Std Aufstieg auf die Saarhöhe gar nichts, es ging danach nämlich nur noch bergauf. Aber der Saar-Hunsrück-Steig ist hier wieder klasse.

Blick auf den Cloef, den Wald links der Saar und oben auf dem Gipfel: die Waldspirale

Und im Wald riecht es nicht nur nach Atlantikküste, sondern auch nach Bonbons mit Kirsch- und Brombeergeschmack. Fragt mich nicht warum. Wahrscheinlich künstliche Aromastoffe, die sie im Wald verteilen.

Dann bin ich erst zu meinem Quartier, den Rucksack abladen. Und dann hatte ich Luxus, den Nachmittag frei. Ich hab den Waldwipfelpfad genommen. Und das ist nicht nur der Name, es ging wirklich bis in die Wipfel – und dann noch höher auf eine Waldspirale, von der aus man die Saarschleife sehen konnte.

Der Waldwipfelpfad in Höhe der Kronen der höchsten Fichten.

Auf halbem Weg bin ich mit meiner Höhenangst umgekehrt, aber es hat mir keine Ruhe gelassen. Und schließlich war ich doch noch oben. Und total ergriffen bei diesem Ausblick. Das absolute Highlight der Tour bisher. Entweder weil ich mich so hoch getraut habe, oder wegen des fantastischen Wetters – oder weil die Saarschleife wirklich fantastisch ist. Ich war wirklich fasziniert.

Die Saarschleife

Und dann noch abends beim Italiener Rigatoni mit Salmone auf der Terrasse … So kann es weitergehen. Heute nur 21 km mit Rucksack, das ist fast wie ein Ruhetag.

15.05.

Heute morgen war ich dann doch nicht mehr allein in der Jugendherberge, das komplette Team war da, denn mittags sollte schon die nächste Schulklasse anreisen. Es gab also auch Frühstück.

Hermeskeil hat einiges an Industrie und dieses Sägewerk, an dem ich vorbeigekommen bin.

Berge von Holz, die aus dem Wald geschafft worden sind.
Der Straßenname des Sägewerks und die Erklärung, wie hier „auf Arbeit“ ausgesprochen wird.

Gestern habe ich die 1.000 km voll gemacht und ich spüre, Frankreich ist nicht mehr weit.

Erst einmal aber weiter durch den Hunsrück. Ich musste heute große Strecken Waldautobahn laufen: Wirtschaftswege mit Schotter, Kies oder Asphalt, die manchmal für mehrere Kilometer wie mit der Schnur gezogen durch den Wald führen. Das scheint eine Spezialität des Hunsrück zu sein. Meist total langweilig!

Buchenwälder rechts und links

Wenn der Wind allerdings in warmen Wellen den Geruch von Fichtenharz über den Weg trägt, fühlt sich das fast an wie Atlantik. Teilweise betäubend intensiv, da wo die Holzabfälle zu großen Haufen zusammen geschoben worden sind.

Es lag mal wieder eine Burg auf meinem Weg, die Grimmburg, sicher historisch völlig dilettantisch rekonstruiert, aber trotzdem nett. Und der Burgwart, den ich getroffen habe, war früher auch begeisterter Wanderer. Jetzt hat er Knie.

Die Grimmburg bei Grimmberg

Von der Burg aus, war der Weg abwechslungsreicher und führte durch kleine Flusstäler hinauf zum Teufelskopf.

Und kurz davor auf einmal ein Stück „Weg“, der über die Trümmerhalde vom letzten Holzeinschlag hochführt. Eigentlich eine Zumutung. Und ausgerechnet da plötzlich: ein x-Wanderzeichen. Nachdem ich eine Stunde lang danach gesucht habe.

Wieder mal einen Berg erklommen

Oben auf der Höhe öffnet sich dann der Wald für solche Fernsichten. Aber manchmal ist es auch hier laut wie im Frankfurter Stadtwald – wenn die Flieger vom Hahn starten.

Greimerath

Nach 29 km habe ich Greimerath erreicht und wohne relativ luxuriös. Allerdings ohne Gasthof, daher gibt es Abendbrot aus dem Rucksack: Reste essen (Käse, Brötchen, Äpfel, Bananen und Nuts). Gar nicht mal so schlecht.

14.05.

Peter und Kerstin sind mit ihrem Wohnmobil optimal ausgerüstet und es gab ein leckeres Frühstück mit Brötchen vom Campingplatz

Dann haben die beiden mich noch zum Einstieg der Wanderung in Morbach gebracht und ich war wieder allein auf mich gestellt. Zum Glück konnte ich gestern Abend schon die Reservierung für die Jugendherberge Hermeskeil machen, so dass die Checkerei wegen der Übernachtung heute wegfiel.

Gutes Wetter hat mich heute meist begleitet.
Und so sah es dann aus, als ein Gewitter im Anzug war.

Rechts im Bild könnt ihr den Hochstand sehen, auf dem ich dann Schutz gesucht habe, ein wirklich hoher Hochstand. Aber diese Kombination aus heftigem Regenguss, Blitzen, die immer wieder um mich herum einschlugen, und Windböen, die das Teil zum Schaukeln bringen – das war schon eine besondere Erfahrung! Aber ich bin tatsächlich trocken geblieben.

Highlight der heutigen Wanderung war der Erbeskopf, mit 816 m höchster Berg von Rheinland-Pfalz, dem Saarland und den Beneluxstaaten, außerdem Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Holland …

Eine begehbare Plastik auf dem Erbeskopf.

Von der Rampe vorn kann man ewig weit sehen, und ich habe versucht abzuschätzen, wo ich noch überall sein werde.

Gleichzeitig mit mir haben sich zwei Radfahrer aus Polen den Berg hochgequält. Teilweise waren die auch nicht schneller als ich, aber dann bin ich von der Straße in den Wald abgebogen und hab sie oben an der Plattform wieder eingeholt.

Von weiter unten führt eine Art Sommerrodelbahn auf den Erbeskopf: hoch mit einem Schlepplift …
… runter mit Geschrei.

Der Erbeskopf wurde lange vorwiegend militärisch genutzt und war bis 2004 noch militärisches Sperrgebiet. Erst danach war er für die Öffentlichkeit zugänglich.

Aber auch jetzt gibt es dort oben noch einen Spähposten.

Auf dem Weg bergab hat mich dann doch noch ein zweites Gewitter erwischt und ich bin wieder mal nass geworden.

Hier scheint es öfter zu regnen, denn der Waldboden ist durchgängig mit einer dicken Moosschicht überzogen.

Abends nach 32 km dann die Überraschung in Hermeskeil: Die Jugendherberge leer und verschlossen. Man hatte meinen Anruf nicht ganz ernst genommen und meine Online-Buchung von heute hat niemand erreicht, weil niemand da.

Aber letztlich habe ich jemand erreicht, der eingesehen hat, dass ich für den Fehler nichts konnte und mir ein Zimmer gegeben hat. Jetzt sitze ich ganz allein in der Jugendherberge, die Eingangstür habe ich wieder zugeschlossen, und der Kühlschrank ist voll Bier.

Meine Jugendherberge in Hermeskeil!

13.05.

Es ist mir heute morgen schwer gefallen, vom Frühstückstisch loszukommen. Aber ich hatte eine Verabredung um 11 Uhr in Rhaunen – und bis dahin noch 12 km vor mir. Peter und Kerstin wollten sich mir heute anschließen und warteten dort auf mich.

Der Weg ging zuerst über die Brücke in Gehlweiler und dann durch eine ganz weite Wiesen- und Weidenlandschaft.

Unser Treff „an der Kirche“ hat tatsächlich geklappt und wir sind dann nach einem ersten Picknick mit Kuchen (!) zu unserer Tagestour aufgebrochen.

Kerstin mit dem Spucker, einer Bronzefigur in Rhaunen, die alle paar Sekunden Wasser spuckt.

Ab Ortsausgang waren wir wieder völlig alleine auf der Strecke und haben schon nach einer halben Stunde Wanderung eine richtig große Höhle im Berg entdeckt.

Es hat uns einige Überwindung gekostet, die Höhle bis in alle Seitenräume zu erkunden: finster, rutschig und etwas unheimlich.

Und das Erstaunlichste: Keine Hinweistafel, keine Legende, nicht einmal der Name der Höhle war zu erkennen.

Das Wetter war etwas unbeständig und wir haben in fliegenden Wechsel zwischen  Regenjsacke und T-Shirt gewechselt.

Irgendwann war dann sogar Zeit für die Sonnencreme.

Der Weg hat uns durch ein neu ausgewiesenes Naturschutzgebiet bis in 763 m Höhe geführt, ein langsamer beständiger Anstieg, und von dort hatten wir auch wieder tolle Ausblicke über den Soonwald.

Oft sind wir auf breit ausgebauten Wirtschaftswegen gelaufen.

Wir drei hatten ein sehr unterschiedliches Tempo und mussten immer mal wieder unseren Rythmus abstimmen. Oft war Peter vorn und Kerstin hinten, weil sie häufiger Details am Wegrand entdeckt, die mir schon gar nicht mehr auffallen.

Dieser Holzhaufen war so ein Detail, vergessen, verrottet und völlig von Moos überwuchert.

Am Ende zog sich der Weg etwas, und die letzten Kilometer (32 km für mich und 20 km für Peter und Kerstin) sind sowieso immer die schlimmsten.

Da ist so eine Erfrischung im Brunnen eine willkommene Abwechslung.

Heute musste ich mich ausnahmsweise nicht um mein Quartier kümmern, denn Peter und Kerstin hatten ihr Wohnmobil in Morbach abgestellt und wir wollten auf dem Campingplatz dort übernachten. Aber – keine Toiletten in der Nähe, die Kneipe war nicht rauchfrei und alles eher lieblos. Da wollten wir nicht bleiben.

Ganz anders dagegen unsere „zweite Wahl“, die Harfenmühle. Wir hatten ein schönes Plätzchen, die Waschräume waren topp und das Restaurant hatte eine gute Küche.

Ein entspannter Abend nach einem anstrengenden Tag. Und mein orangener Schlafsack ist diesmal trocken geblieben.

12.05.

Ich bin heute morgen gleich mit Begleitung gestartet: Jürgen, ein guter Freund, hat sich mir angeschlossen. Wenn er gewusst hätte, auf was er sich da einlässt …

Guten Morgen in Argenthal

Der Soonwaldsteig war heute unser Programm, und gleich am Anfang haben wir einen Abstecher zur Einsiedelei Reizenborn gemacht, wo von 1732 bis 1784 zwei Mönche gelebt haben, auf 42 qm.

Die Eremitage Rätzebore ist inzwischen wieder aufgebaut worden, samt Grundmauern der dazu gehörigen Kirche.

Der Aufstieg zum Ellerspring danach war noch relativ trocken, aber dann wurden wir dreimal durch heftige Regengüsse durchnässt: Jacken an, Schutz suchen, das Ende abwarten, oder auch: Augen auf und durch.

Die Rastplätze hatten bei so viel Feuchtigkeit schon Moos angesetzt.
Zwischenstation waren die Glashütter Wiesen, wo für den Betrieb der Glashütte der Wald weiträumig abgeholzt worden ist.
Meine Sammlung bemerkenswerter Bäume: Hier die Albert-Eiche (Glashütter Wiesen)

Hier kam dann der nächste Schutt runter, und als endlich von einer Minute auf die andere die Sonne rauskam, dampfte der Wald nur so vor Feuchtigkeit.

Schließlich haben wir uns noch den steilen Umweg über die Alteburg geleistet und mussten uns danach erst einmal von dem Aufstieg erholen.

Diese Bänke sind eine Spezialität der Traumschleifen-Wanderwege in der Pfalz.
Der Turm auf der Alteburg in 620 m Höhe
Mit fantastischem Blick über den Soonwald und den gesamten Hunsrück

Unseren zahlreichen Umwege haben letztlich dazu geführt, dass die Tour länger wurde als geplant und wir Mühe hatten, noch rechtzeitig Jürgens Bus zurück nach Mainz zu erwischen. Da war es dann sehr hilfreich, dass Jürgen ein Schritttempo drauf hat, mit dem ich kaum mithalten kann. Und das nach 27 km – und das läuft er auch nicht gerade jeden Tag. Dann hatten wir aber doch noch Zeit für Kuchen und Eis (mein erstes Abendessen).

In Gemünden stehen noch Teile der Kulissen des Films 3. Heimat

Ich habe dann noch 3 km drangehängt zu meiner Unterkunft in Gehlweiler: Ellen’s Wanderreitstation. Und die wäre allein schon ein Kapitel auf meiner Wanderung wert. Ich werde es trotzdem kurz machen.

Ellen und Rudi haben mich auch ohne Pferd hier ganz herzlich aufgenommen, und ich habe den Gruppenschlafraum ganz für mich.
Ich hatte ein festes Dach über dem Kopf, durfte/musste nicht im Planwagen schlafen.

Dazu zwei kühle Bier und nette Unterhaltung bis der müde Wanderer ins Bett bzw. an seinen Blog musste. Ich habe zwei tolle Menschen kennengelernt mit fantastischen Lebensläufen. Eben das richtige Leben. Ellen fährt für den Milchhof Soonwald die kuhfrische Milch aus (eine echte Erfolgsgeschichte), Rudi fährt Bus (früher viel Reisebus: Prag, Paris …) und dann noch die Wanderreitstation mit zwei eigenen Pferden.

Und ihr Haus und eigentlich der ganze Ort war 2012 Filmkulisse für den Film Heimat von Edgar Reitz. Dafür wurden monatelang die Häuser verkleidet, Kulissen aufgebaut und der Boden überall mit Lehm aufgeschüttet. Unglaublich was da nach und nach um die vorhandenen Häuser herum entstanden ist. Und mindestens genauso unglaublich, dass alle Leute das mitgemacht haben.

Das Haus von Ellen und Rudi war die Kirche. Hinter dem Kirchenportal ihre Garage!

Ich konnte mit den Fotos Schritt für Schritt verfolgen, wie nach und nach das Dorf verkleidet wurde. Da muss ich von Prag nach Paris laufen, um Gehlweiler hier um die Ecke kennenzulernen.