17.05.

Der Saar-Hunsrück-Steig wäre heute sicher die schönere Alternative gewesen, aber ich hab mich mit meiner App für den direkten Weg entschieden und das bedeutete mehr oder weniger den ganzen Tag Asphalt. Das spüre ich dann abends in den Knochen.

Ein kurzes Tauchbad für Kopf und Arme, denn es wird richtig heiß heute.

Aber so war ich mittags schon in Perl an der Mosel und der Grenze zu Luxemburg. Und erst da hatte ich in einer Pizzeria wieder WLAN und konnte die weitere Tour planen.

Ab hier geht’s nur noch nach Santiago de Compostela.

Wie üblich habe ich für die Mehrzahl der Orte auf meiner Strecke keine Unterkunft gefunden, aber in Saint Marguerite, einem winzigen Dorf bin ich dann fündig geworden. Zum Glück ist Monique, die Vermieterin am Telefon gleich ins Deutsche gewechselt – so blieben mir größere sprachliche Katastrophen erspart. Ob es mir etwas ausmacht, das Bad mit anderen Pilgern zu teilen? Natürlich nicht! Ich bin jetzt auf dem direkten Weg nach Santiago de Compostela.

Die Hauptstraße in Perl

Perl ist eigentlich nur ein Dorf, aber wegen der günstigen Preise kommen Franzosen, Luxemburger und Belgier hierher zum Einkaufen. Der Ort hat zwei Rewe, zwei dm, einen Lidl (wird hier ausgesprochen wie Diddle) und den größten Aldi, den ich je gesehen habe. Und im Rewe habe ich dann endlich mal einen anderen Langstreckenwanderer getroffen, der auf dem Weg nach Spanien war. Mal sehn, ob wir uns unterwegs noch mal sehen.

Dann endlich die ersten Schilder auf Französisch und ein flüchtiger Blick auf die Mosel, aber nirgendwo eine Grenze erkennbar, der Grenzübertritt völlig unspektakulär. Wenn ich da an früher denke …

Die Mosel war meist hinter Industrie und Eisenbahngleisen versteckt. Hier ein kurzer Durchblick.

Es ging noch einmal hoch auf die Moselhöhen und nach 34 km war dann endlich ein Ende in Sicht – und ich hatte mir wieder eine Blase gelaufen, die dritte.

Hier ändert sich allmählich der Charakter der Dörfer: Montenach.

Vorher hab ich noch bei einem Forsthaus Wasser getankt und erfahren, dass wir heute bis zu 30 Grad hatten.

Gîte de France

Die Unterkunft ist einfach, eine Gite de France, aber Monique hat uns zum Abendessen eine leckere Quiche Lorraine gemacht, mit verschiedenen Salaten und dazu gab es Bier und Wein aus Luxemburg.

Außer mir sind noch zwei Pilger hier, ein Paar aus der Eifel, die den Jakobsweg in Etappen laufen. Die nächsten zwei Tage haben wir den selben Weg und übernachten morgen in derselben Stadt (Vigy), aber vermutlich in verschiedenen Unterkünften.

16.05.

Sonne, Sonne, Sonne. Was für ein Tag. Urlaubsstimmung. Und der Himmel das reinste Blau. Da laufen die Füße fast von alleine. Und der Saar-Hunsrück-Steig, den ich heute gelaufen bin, ist wirklich ein Premium-Wanderweg. Viele Wege durch den Wald, keine Autobahnen!

Ein echter Steig über sumpfiges Gelände

Diesmal hatte ich unerwartete Begleitung, eine Wanderin in meinem Alter, die diesen Steig alleine läuft – mit gebuchten Quartieren und transportiertem Gepäck. Ca. 2 Std. sind wir zusammen gelaufen, aber ihren Namen hab ich nicht erfahren.

Sie ist schon so jeden Weg zwischen Riesengebirge und Schwarzwald gelaufen und ist Wegmarkiererin im Teutoburger Wald (!), wo meine Brüder und ich die letzten beiden Jahre gewandert sind. Aber irgendwann war dann auch gut, und sie hat sich für Ihre Mittagspause abgesetzt.

Fußgängerzone Mettlach

Ich habe dafür in Mettlach Pause gemacht, zünftig mit einem Eisbecher. Heute morgen gab es Frühstück in der Bäckerei, man sprach Eifelkölsch, wobei sich der Junior vom Gasthof entschieden dagegen gewehrt hat, dass der Ort zur Eifel gehört. Und beim Eis am Nachbartisch mehrsprachig Saarländisch und vermutlich Luxemburgisch, denn so eine Mischung hab ich noch nicht gehört.

Der Palazzo von Villeroy&Boch

Mettlach ist Villeroy&Boch, so wie Rüsselsheim Opel ist. Für mich ist Villeroy&Boch ja eher Sanitärporzellan. Und wenn dann angekündigt wird: Erlebniszentrum und Outlet-Center – komm ich ja schon schwer ins Grübeln. Aber die haben tatsächlich auch anderes Porzellan.

Nach so einem Eis sind dann Eineinhalb Std Aufstieg auf die Saarhöhe gar nichts, es ging danach nämlich nur noch bergauf. Aber der Saar-Hunsrück-Steig ist hier wieder klasse.

Blick auf den Cloef, den Wald links der Saar und oben auf dem Gipfel: die Waldspirale

Und im Wald riecht es nicht nur nach Atlantikküste, sondern auch nach Bonbons mit Kirsch- und Brombeergeschmack. Fragt mich nicht warum. Wahrscheinlich künstliche Aromastoffe, die sie im Wald verteilen.

Dann bin ich erst zu meinem Quartier, den Rucksack abladen. Und dann hatte ich Luxus, den Nachmittag frei. Ich hab den Waldwipfelpfad genommen. Und das ist nicht nur der Name, es ging wirklich bis in die Wipfel – und dann noch höher auf eine Waldspirale, von der aus man die Saarschleife sehen konnte.

Der Waldwipfelpfad in Höhe der Kronen der höchsten Fichten.

Auf halbem Weg bin ich mit meiner Höhenangst umgekehrt, aber es hat mir keine Ruhe gelassen. Und schließlich war ich doch noch oben. Und total ergriffen bei diesem Ausblick. Das absolute Highlight der Tour bisher. Entweder weil ich mich so hoch getraut habe, oder wegen des fantastischen Wetters – oder weil die Saarschleife wirklich fantastisch ist. Ich war wirklich fasziniert.

Die Saarschleife

Und dann noch abends beim Italiener Rigatoni mit Salmone auf der Terrasse … So kann es weitergehen. Heute nur 21 km mit Rucksack, das ist fast wie ein Ruhetag.